INTERVIEW MIT ORVEDA-CEO SUE NABI

Als Präsidentin von Lancôme verpflichtete sie Julia Roberts als Werbebotschafterin für den Duft La vie est belle. Ein Supercoup: Er ist bis heute einer der meistverkauften Düfte weltweit. Sie wählte als Erste ein muslimisches Model für eine Beauty-Werbekampagne, setzte mit Penélope Cruz und Kate Winslet auf Hollywood-Glamour und bewies mit der Wahl von Jane Fonda als Model für L’Oréal, dass auch Frauen über 70 schön und selbstbewusst sind.

Heute steht die Visionärin Sue Nabi vor einer neuen Herausforderung. Zusammen mit ihrem Geschäftspartner Nicolas Vu hat sie die vegane Luxuspflegemarke Orveda kreiert und lanciert. VERTIGOs Chefredaktorin Yolanda Di Mambro hat Sue Nabi in London zum Exklusivinterview getroffen.

Sie lancierte die weltweit erste vegane Luxuspflegemarke: Interview mit Orveda-CEO Sue Nabi.

Sie haben Lancôme im Mai 2013 verlassen. Danach wurde es einige Jahre still um Sie. Weshalb?
Ich erhielt Angebote, bei denen ich das Gleiche wie vorher getan hätte, unter anderem für Konkurrenten von Lancôme. Die Welt der Luxuskosmetik ist letzten Endes klein. Man trifft immer wieder auf die gleichen Leute, sei es nun bei Lancôme oder Estée Lauder.

Wann kamen Sie auf die Idee, eine neue Kosmetikmarke zu lancieren?
Die Idee, neue Marken zu kreieren, hatte ich bereits während meiner Zeit als Präsidentin von L’Oréal. Der CEO war jedoch nicht angetan davon und glaubte, ich hätte mit der Führung der grossen Marken von L’Oréal Besseres zu tun.

Was veranlasste Sie zur Lancierung von Orveda?
Die Idee, die jahrelang in mir herumgeisterte, kam plötzlich wieder auf. Und ich erinnerte mich an die Aufforderung meines heutigen Geschäftspartners Nicolas Vu, den ich seit über 15 Jahren kenne und der einst zu mir gesagt hatte: «Wenn du eines Tages Lancôme verlässt, lass uns doch zusammen etwas aufbauen.» Die konkrete Entscheidung traf ich dann einige Jahre später bei einem Tennismatch – in nur fünf Minuten. Schnelle Entscheidungen sind immer die besten.

Wie unterscheidet sich Orveda im übersättigten Kosmetikmarkt von anderen Brands?
Am Anfang haben wir drei Sparten analysiert: Pflege, Make-up und Parfum. Wir kamen zum Schluss, dass sich langfristig eine Pflegelinie, die eine Marktlücke schliesst, am besten durchsetzen würde.

Welche Marktlücke erschliesst Orveda?
Wir wollten weder einige billige Naturkosmetiklinie noch eine Biokosmetiklinie, die nicht sehr clean und nicht sehr wirksam ist, und auch keine wirksame, aber langweilige Pflegelinie wie diejenigen der Apotheken. Orveda ist eine Luxusmarke, die ultrawirksame Produkte mit reinen und veganen Inhaltsstoffen bietet. Wir erschliessen damit eine Marktlücke und konkurrenzieren langjährige, etablierte Marken, die nicht unbedingt vegan sind.

Sie bezeichnen Orveda als holistisch und genderless.
Kosmetikbrands sind auf Beauty fokussiert, Orveda hingegen auf die Gesundheit der Haut. Orveda hat eine holistische Vision. Die Produkte sind genderless, neutral. Da sie hochkonzentrierte Aktivstoffe enthalten, eignen sie sich auch sehr gut für die Männerhaut, die um einiges dicker ist als die Frauenhaut. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass unsere Gel-Creme-Formeln nicht zu reichhaltig sind. Männer mögen nämlich keine cremigen Texturen.

Mit dem Olfaktorischen haben Sie den französischen Parfummeister Fabrice Pellegrin beauftragt, der auch für Hermès, Armani, Margiela, Diptyque, Givenchy und Kilian Düfte kreiert hat.
Fabrice ist Maître parfumeur und Rohstoffspezialist bei Firmenich. Unsere Produkte sind mit Galbanharz, einem natürlichen Rohstoff aus dem Iran, parfümiert. Wer daran riecht, fühlt sich wie in einem Wald. Die Japaner nennen es Forest Bathing, die Franzosen Sylvotherapie. Gemäss Ärzten hat das Spazieren im Wald eine beruhigende Wirkung und reduziert Stress. Galbanharz ist übrigens 20-mal teurer als Parfum.

Orveda verzichtet bewusst auf Peelings und Retinol. Weshalb?
Wer heute spektakuläre Ergebnisse erzielen will, setzt auf Laser, Peeling und Retinol. Diese Aggressionen lösen einen Prozess der Vernarbung der Haut aus. Die langfristigen Folgen sind jedoch noch nicht wissenschaftlich bewiesen. Orvedas Produktelinie hingegen basiert auf der Selbstheilung. Die Produkte enthalten hochkonzentrierte Aktivstoffe, die im Einklang mit der natürlichen Biologie stehen, sowie Moleküle, die nicht gegen, sondern mit der Haut wirken.

Der bewusst herbeigeführte Vernarbungsprozess eines Microneedlings regt aber in erster Linie die Kollagenbildung an und strafft die Haut.
Aggressive Methoden oder Produkte zerstören die natürliche Barriere und die guten Bakterien auf der Haut. Letztere sind unerlässlich für den Schutz der Haut vor Entzündungen infolge schlechter Bakterien, z. B. Akne oder Rosacea.

Was bedeutet der Name Orveda?
Er setzt sich aus den Begriffen Origin (Or) und Ayurveda (veda) zusammen. Die ayurvedische Medizin basiert ganzheitlich auf der Selbstheilung.

Welches sind die zwei Bestseller von Orveda?
The Healing Sap, ein Mix aus Tonic und Serum, zielt auf die Wiederherstellung der Hautfeuchtigkeit, des Farbtons und der Textur ab. Nach 28 Tagen Anwendung braucht man weniger Make-up-Produkte. All unsere Produkte verbessern die Leuchtkraft der Haut. Das Clay-Mud Cleansing Powder ist ein Puder, der mit Wasser zum Schaum wird und die Haut sanft, aber gründlich reinigt – wie eine milde Exfoliation. Der Konjak-Schwamm, mit dem das Produkt aufgetragen wird, besteht aus aktiver Kohle und bleibt bis zu drei Monaten bakterienfrei.

Mehr Infos über Orveda (inklusive Verkaufsstellen) findest du auf der offiziellen Website.

«Interview mit Orveda-CEO Sue Nabi» ist der erste von zwei Artikeln. Im zweiten Artikel, der demnächst erscheint, testet unsere Chefredaktorin einen Orveda-Bestseller. © Interview: Yolanda Di Mambro

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